Infoveranstaltung Fachkräftegewinnung im eigenen Betrieb

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Fast jeder fünfte Arbeitnehmer in der Region ist ungelernt. Noch brummt die Konjunktur. „Aber wenn sie schwächelt, haben diese Mitarbeiter ein fünfmal höheres Risiko, ihren Arbeitsplatz zu verlieren“, warnt Martina Lehmann, Vorsitzende Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim.

Um diese Situation – Verlust des Arbeitsplatzes – zu verhindern, so Lehmann weiter, setze die Agentur für Arbeit auf Prävention, sprich: Weiterbildung. Davon profitieren nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitgeber. Denn, wie Jörg Schüle, Geschäftsführer der Firma Münch, gestern bei einer gemeinsamen Informationsveranstaltung mit der Industriegruppe Vaihingen/ Enz e.V. für Betriebsräte, Arbeitgeber und Mitarbeiter mit Personalverantwortung zu den Fördermöglichkeiten bei innerbetrieblicher Weiterbildung in den Räumen des Mühlacker Spezialisten für Metallgeflechte erläuterte, sei für Münch mittlerweile enorm schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Zum Glück gebe es aber im Unternehmen selbst viele Mitarbeiter mit Potenzial. Einer von ihnen ist Vito Hartmann. „Ich bin seit 14 oder 15 Jahren bei Münch“, berichtete der 46-Jährige am Rande der Veranstaltung, zu der die Agentur für Arbeit gemeinsam mit der IG Metall eingeladen hatte. „Ich habe immer an Maschinen gearbeitet und kann viel. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich auf der Stelle trete.“ Also habe er Jörg Schüle gefragt, was er machen könne, um seine Zukunft in der Firma zu sichern. Da Münch schon lange auf innerbetriebliche Qualifikation setzt, haben alle Beteiligten mit Hilfe der Agentur für Arbeit schnell eine Lösung gefunden. Mittlerweile ist Hartmann geprüfter Maschinenanlageführer.

Gefördert wurde seine Qualifikationsmaßnahme durch das Projekt WeGebAU, was für „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen“ steht. Durch dieses Programm gibt es für Unternehmen attraktive Zuschüsse, wenn sich ihre Mitarbeiter durch Qualifikationsmaßnahmen fit für die Zukunft machen, wobei kleinere Unternehmen bis 250 Mitarbeiter von dem Zuschussprogramm noch deutlicher profitieren als größere Firmen.

„Das Thema ist aber kein Selbstläufer“, bedauert Lehmann. „Viele Unternehmer und Betriebsräte wissen noch viel zu wenig von dem Programm, das inzwischen zum Qualifizierungschancengesetz gehört, also eigentlich kein Programm mehr ist, sondern ein Gesetz.“

Lehmann ist überzeugt, dass, obwohl nach neuesten Zahlen im Enzkreis 38,9 Prozent aller Mitarbeiter Tätigkeiten ausüben, die zu 70 Prozent von Robotern oder Computern ersetzt werden können, der Strukturwandel durch die Digitalisierung unter dem Strich bei den Arbeitsplätzen ein Null-Summen-Spiel werden könne. „Bis 2035 werden voraussichtlich 1,5 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, während an anderer Stelle 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.“ Überspitz ließe sich feststellen, dass die Arbeitnehmer – rein rechnerisch – nichts zu befürchten haben. „Aber sie müssen bereit sein, sich weiterzubilden“, betont Lehmann. Sonst ginge die Rechnung nicht auf.

„Die Digitalisierung ist ein Megatrend“, weiß auch Liane Papaioannou, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Pforzheim und verweist auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts im Auftrag der IG Metall. Demnach wären bei einem Worst-Case-Szenario sogar 53 Prozent der Arbeitsplätze vom Strukturwandel betroffen. „Wir müssen uns jetzt Gedanken machen und können nicht sagen: Warten wir mal ab.“ Alle Partner, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, müssten an einem Strang ziehen, damit die Beschäftigten von heute auch die Beschäftigten von morgen bleiben können.

Und die Betriebe müssen sich natürlich auch weiterentwickeln, damit sie wettbewerbsfähig bleiben. „Die Technologien ändern sich rasant, und diesen Wandel können wir nur mit Mitarbeitern bewältigen, die sich auch weiterentwickeln“, weiß Münch-Geschäftsführer Jörg Schüle.

Die Agentur für Arbeit, die bei Münch die Eckpunkte des Qualifizierungschancengesetzes vorgestellt hat, will Unternehmen und deren Mitarbeitern auf dem Weg zur Industrie 4.0 zur Seite stehen. „Das Qualifizierungschancengesetz eröffnet dabei neue Möglichkeiten“, freut sich Annette Hanfstein, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit. Unter anderem könnten bei fehlendem Berufsabschluss und berufsabschlussbezogenen Weiterbildungen bis zu 100 Prozent des Arbeitslohns von der Agentur für Arbeit übernommen werden, so dass die Arbeitnehmer keine Einbußen haben. Gleichzeitig könnten bei Mitarbeitern ab 45 Jahren und für schwerbehinderte Menschen die Weiterbildungskosten bis zu 100 Prozent aus dem Etat der Agentur für Arbeit bezahlt werden. „Mit ,bis zu 100 Prozent‘ lässt das Gesetz einen Ermessensspielraum“, erklärt Hanfstein. „Aber wir werden ihn am Anfang sicher weit ausdehnen“, stellt sie großzügige Förderungen in Aussicht.

Bericht teilweise v. Frank Goertz, erschienen am 24.01.2019 im Mühlacker Tagblatt

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